Die Wahl der richtigen Steuerklasse ist in Deutschland für Arbeitnehmer ein zentrales Thema. Sie beeinflusst, wie viel Nettogehalt monatlich übrig bleibt. Viele fragen sich: „Welche Steuerklasse bin ich eigentlich und ist sie optimal für mich?“.
Die Komplexität des deutschen Steuersystems kann zunächst abschreckend wirken, doch die Grundlagen der Lohnsteuerklassen sind erstaunlich übersichtlich. Es gibt sechs verschiedene Steuerklassen, die maßgeblich von Ihrem Familienstand und Ihrer Lebenssituation abhängen. Sie bestimmen, welche Freibeträge (wie der Grundfreibetrag) bei der monatlichen Lohnabrechnung berücksichtigt werden.
Dieser Artikel von Gegenwashilft.de bietet Ihnen einen klaren Überblick über alle sechs Steuerklassen, erklärt die Unterschiede und zeigt Ihnen anhand praktischer Tipps, wann ein Wechsel sinnvoll sein kann. Denn nur mit der richtigen Lohnsteuerklasse stellen Sie sicher, dass Sie nicht unnötig viel Lohnsteuer im Monat zahlen.

Welche Steuerklasse bin ich? – Ein schneller Überblick über die 6 Klassen
Die Steuerklasse ist ein wichtiges Merkmal auf Ihrer Lohnabrechnung. Sie entscheidet darüber, wie viel Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag Ihr Arbeitgeber monatlich von Ihrem Bruttogehalt einbehält. Die monatliche Lohnsteuer ist dabei nur eine Vorauszahlung auf die jährliche Einkommensteuer. Deshalb gleicht sich die tatsächlich fällige Steuerlast am Ende des Jahres – in der Regel durch die Abgabe einer Steuererklärung – wieder aus.
Trotzdem ist die Wahl der Steuerklasse für Ihre Liquidität im Alltag wichtig. Ein höherer Nettobetrag im Monat gibt Ihnen mehr finanziellen Spielraum. Schauen wir uns die sechs Steuerklassen in Deutschland im Detail an, damit Sie schnell erkennen, welche Steuerklasse bin ich und ob Handlungsbedarf besteht.
Steuerklasse 1 (I): Der Standardfall für Singles
Die Steuerklasse 1 ist die häufigste und gilt als die Standardklasse für Ledige und Alleinstehende.
Wer gehört in diese Klasse?
- Ledige und Alleinstehende (Singles)
- Verwitwete (ab dem zweiten Kalenderjahr nach dem Tod des Ehepartners)
- Geschiedene
- Ehepartner, die dauernd getrennt leben
- Verheiratete, deren Ehepartner seinen Wohnsitz im Ausland hat und steuerlich nicht erfasst wird
In der Steuerklasse 1 wird Ihnen der volle Grundfreibetrag (der steuerfreie Betrag, der jedem zusteht) sowie der Arbeitnehmer-Pauschbetrag und der Sonderausgaben-Pauschbetrag gewährt.
Steuerklasse 2 (II): Für Alleinerziehende mit Entlastung
Die Steuerklasse 2 ist speziell für Alleinerziehende gedacht. Sie bietet eine steuerliche Entlastung, um die höhere finanzielle Belastung dieser Personengruppe auszugleichen.
Voraussetzungen für Klasse 2:
- Sie müssen ledig, geschieden, verwitwet oder dauernd getrennt lebend sein.
- In Ihrem Haushalt muss mindestens ein Kind gemeldet sein, für das Sie Kindergeld oder den Kinderfreibetrag erhalten.
- Sie dürfen keine Haushaltsgemeinschaft mit einer volljährigen Person bilden, für die Sie keinen Kinderfreibetrag erhalten.
Der große Vorteil der Steuerklasse 2 ist der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, der zusätzlich zum Grundfreibetrag gewährt wird. Dies führt zu einem deutlich höheren monatlichen Nettogehalt als in Klasse 1. Sie müssen diese Steuerklasse allerdings beim Finanzamt beantragen.
Steuerklasse 3 (III) & 5 (V): Die Kombination für Ehepaare
Die Steuerklassen 3 und 5 sind eine Kombinationsmöglichkeit, die ausschließlich verheirateten oder verpartnerten Arbeitnehmern zur Verfügung steht. Sie wird gewählt, wenn die Einkommen beider Partner stark voneinander abweichen.
| Steuerklasse | Wer wählt diese Klasse? | Wirkung auf Lohnsteuer |
| Steuerklasse 3 | Der Partner mit dem deutlich höheren Einkommen (ca. 60 % des Gesamteinkommens oder mehr) | Niedrige monatliche Lohnsteuer, da der doppelte Grundfreibetrag angerechnet wird. |
| Steuerklasse 5 | Der Partner mit dem deutlich geringeren Einkommen | Hohe monatliche Lohnsteuer, da auf den Grundfreibetrag verzichtet wird (dieser wird dem Partner in Klasse 3 zugerechnet). |
Diese Kombination maximiert den monatlichen Nettoverdienst der Familie. Wichtig: Bei dieser Wahl sind Sie zur Abgabe einer jährlichen Steuererklärung verpflichtet, da das Finanzamt die Gesamtsteuerlast des Paares prüft.
Steuerklasse 4 (IV): Der Standardfall für Paare
Die Steuerklasse 4 ist die automatische Klasse, in die Ehepaare oder Lebenspartner nach der Eheschließung eingestuft werden, wenn sie nicht aktiv eine andere Kombination wählen.
Wer gehört in diese Klasse?
- Verheiratete oder verpartnerte Arbeitnehmer, die nicht dauernd getrennt leben.
- Beide Partner werden automatisch in Steuerklasse 4 eingestuft.
Die Steuerklasse 4 ist in den Abzügen identisch mit der Klasse 1: Jeder Partner erhält seinen vollen Grundfreibetrag und wird separat besteuert. Sie ist ideal, wenn die Einkommen beider Partner in etwa gleich hoch sind.
Steuerklasse 4 mit Faktor (IV/IV Faktorverfahren): Die gerechte Lösung
Das Faktorverfahren soll eine gerechtere Verteilung der monatlichen Steuerlast bei Ehepaaren mit unterschiedlich hohem Einkommen bieten, ohne dass es am Jahresende zu hohen Nachzahlungen kommt, wie es bei der Kombination 3/5 oft der Fall ist.
- Hierbei wird ein Faktor (eine Dezimalzahl kleiner als 1) vom Finanzamt berechnet.
- Dieser Faktor bewirkt, dass die voraussichtliche Jahressteuerlast schon monatlich genauer berücksichtigt wird.
- Vorteil: Die monatliche Steuerbelastung wird fairer aufgeteilt, und die Gefahr einer hohen Steuernachzahlung sinkt.
- Nachteil: Auch bei dieser Wahl besteht eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung!
Steuerklasse 6 (VI): Für den Zweitjob
Die Steuerklasse 6 ist die steuerlich ungünstigste Klasse und wird für das zweite (oder jeden weiteren) Job eines Arbeitnehmers verwendet.
- Hier werden keinerlei Freibeträge (auch nicht der Grundfreibetrag) berücksichtigt.
- Die Lohnsteuerabzüge sind entsprechend hoch.
- Ihren Hauptjob sollten Sie immer in einer der günstigeren Steuerklassen 1 bis 5 führen.
Praktische Tipps für Paare: Die optimale Steuerklassen-Kombination finden
Als verheiratetes Paar haben Sie in Deutschland die Wahl zwischen drei Kombinationen: 4/4, 3/5 oder 4/4 mit Faktor. Die richtige Wahl hängt stark von Ihrem Einkommensverhältnis und Ihren kurzfristigen finanziellen Zielen ab.
Szenario 1: Ähnliche Einkommen (Verhältnis ca. 50:50 bis 60:40)
Wenn Sie beide in etwa gleich viel verdienen, ist die Kombination Steuerklasse 4/4 meist die beste und unkomplizierteste Lösung.
- Vorteile: Jeder Partner erhält den vollen Grundfreibetrag. Die monatliche Lohnsteuer ist ausgeglichen, und Sie sind in der Regel nicht zur Steuererklärung verpflichtet (obwohl diese fast immer empfehlenswert ist, um eventuelle Rückzahlungen zu erhalten).
- Alternativ: Wenn Sie die monatliche Abgabenlast noch fairer verteilen möchten, kann das Faktorverfahren (4/4 mit Faktor) sinnvoll sein, um eine mögliche geringe Steuernachzahlung zu vermeiden.
Szenario 2: Stark unterschiedliche Einkommen (Verhältnis ca. 70:30 oder mehr)
Wenn ein Partner deutlich mehr als der andere verdient, bietet die Kombination Steuerklasse 3/5 den größten Vorteil für die monatliche Liquidität.
- Vorteil: Der Partner in Klasse 3 hat dank des doppelten Grundfreibetrags sehr geringe Abzüge, was das monatliche Nettoeinkommen der Familie maximal steigert.
- Wichtiger Hinweis: Die hohe Nettoauszahlung im Monat ist nur eine Vorauszahlung. Am Jahresende müssen Sie bei der Steuererklärung häufig eine Steuernachzahlung leisten, da Sie unterjährig zu wenig Lohnsteuer bezahlt haben. Dies müssen Sie einkalkulieren und entsprechende Rücklagen bilden.
Mini-Fallstudie: Anna und Max
Anna verdient $60.000 €$ brutto, Max $20.000 €$ brutto im Jahr.
- Kombination 4/4: Beide zahlen monatlich mittlere Steuer. Das gesamte Nettogehalt des Paares ist unterjährig niedriger.
- Kombination 3 (Anna) / 5 (Max): Anna bekommt monatlich viel mehr Netto ausgezahlt. Max bekommt deutlich weniger Netto. Unter dem Strich hat die Familie monatlich das höchste Netto. Sie müssen jedoch zwingend eine Steuererklärung machen.
Die Jahressteuerlast ist bei beiden Kombinationen am Ende gleich (dank des Ehegattensplittings), aber die monatliche Liquidität ist bei 3/5 höher.
Szenario 3: Planung von Elterngeld oder Kurzarbeitergeld
Die Wahl der Steuerklasse hat auch Einfluss auf Lohnersatzleistungen wie Elterngeld oder Kurzarbeitergeld, da diese nach dem bisherigen Nettogehalt berechnet werden.
- Tipp: Wenn ein Partner plant, in Elternzeit zu gehen, sollte dieser idealerweise mindestens sieben Monate vor Beginn der Mutterschutzfrist oder des Elterngeldbezugs in die Steuerklasse 3 wechseln. Durch das künstlich höhere Netto in Klasse 3 steigt die Basis für das Elterngeld – und Sie erhalten in der Folge höhere Zahlungen.
Der Steuerklassenwechsel: Wann und wie Sie wechseln können
Wenn Sie festgestellt haben, dass Ihre aktuelle Steuerklasse oder -kombination nicht optimal ist, können Sie diese in Deutschland einfach und unbürokratisch wechseln.
Wann kann ich wechseln? (Fristen und Häufigkeit)
Als Ehepaar oder verpartnerte Personen können Sie einmal pro Kalenderjahr die Steuerklassenkombination wechseln.
- Frist: Der Antrag auf Wechsel der Steuerklasse muss spätestens bis zum 30. November des laufenden Jahres beim Finanzamt eingegangen sein, damit die neue Klasse ab dem folgenden Monat wirksam wird.
- Sonderfall: Bei einer Eheschließung ist ein Wechsel der Steuerklasse rückwirkend ab dem Monat der Heirat möglich.
Wie beantrage ich den Wechsel? (Schritt-für-Schritt-Anleitung)
Der Wechsel der Steuerklasse erfolgt nicht mehr automatisch. Sie müssen dafür einen Antrag stellen.
- Formular besorgen: Verwenden Sie den Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“ des Bundesfinanzministeriums.
- Angaben eintragen: Füllen Sie Ihre persönlichen Daten und die gewünschte Kombination (z.B. Wechsel von 4/4 zu 3/5 oder Beantragung des Faktorverfahrens) ein.
- Unterschreiben: In der Regel müssen beide Partner den Antrag unterschreiben. Eine Ausnahme besteht, wenn nur von 3 oder 5 zu 4 gewechselt wird.
- Einreichen: Schicken Sie den unterschriebenen Antrag an Ihr zuständiges Finanzamt in Deutschland.
Das Finanzamt speichert die Änderung als elektronisches Lohnsteuermerkmal (ELStAM). Ihr Arbeitgeber ruft diese Daten ab und berücksichtigt die neue Steuerklasse dann in der nächsten Lohnabrechnung.

Fazit: Mehr Netto durch die richtige Steuerklasse – Jetzt sind Sie am Zug!
Die Frage „Welche Steuerklasse bin ich“ ist mehr als nur eine Formalität. Sie ist eine wichtige Stellschraube für Ihr monatliches Budget. Während die Gesamtsteuerlast am Ende des Jahres gleich bleibt, entscheidet die gewählte Steuerklasse maßgeblich über die Höhe Ihres monatlichen Nettogehalts – und damit über Ihre Liquidität im Alltag.
Zentrale Erkenntnisse für Sie:
- Als Single sind Sie fast immer in Steuerklasse 1 (außer Sie sind alleinerziehend, dann beantragen Sie Klasse 2).
- Als Ehepaar mit ähnlichem Einkommen ist Klasse 4/4 am unkompliziertesten.
- Als Ehepaar mit stark unterschiedlichem Einkommen liefert Klasse 3/5 das höchste monatliche Netto, macht aber eine Steuererklärung Pflicht und erfordert Rücklagen für eventuelle Nachzahlungen.
- Planen Sie Elterngeld, ist ein frühzeitiger Wechsel in Klasse 3 oft bares Geld wert.
Nutzen Sie die Flexibilität, die Ihnen das deutsche Steuerrecht bietet. Prüfen Sie einmal jährlich, ob Ihre Steuerklasse noch zu Ihrer Lebenssituation passt. Ein kurzer Blick in die Tabelle und ein einfacher Antrag beim Finanzamt genügen, um mehr von Ihrem hart verdienten Geld im Portemonnaie zu haben.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Steuerklasse
Muss ich eine Steuererklärung abgeben, wenn ich die Steuerklasse wechsle?
Ja, bei der Wahl der Steuerklassenkombination 3/5 oder 4/4 mit Faktor sind Sie in Deutschland gesetzlich zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Dies ist notwendig, damit das Finanzamt die Lohnsteuer-Vorauszahlungen beider Partner saldiert und die tatsächliche Jahressteuerlast mithilfe des Ehegattensplittings festsetzen kann.
Wie lange dauert es, bis der Steuerklassenwechsel wirksam wird?
Der Wechsel der Steuerklasse wird in der Regel zu Beginn des Kalendermonats wirksam, der auf die Antragstellung beim Finanzamt folgt. Wenn Sie den Antrag also im Oktober stellen, gilt die neue Klasse ab November.
Was passiert mit meiner Steuerklasse bei einer Scheidung?
Im Jahr der Trennung können Sie noch die bisherige Steuerklassenkombination (z.B. 3/5 oder 4/4) beibehalten. Ab dem 1. Januar des Folgejahres werden Sie und Ihr Ex-Partner jedoch automatisch in die Steuerklasse 1 eingestuft. Sind Sie alleinerziehend, können Sie die Einstufung in die günstigere Steuerklasse 2 beim Finanzamt beantragen.
Wie finde ich heraus, welche Steuerklasse ich bin?
Ihre aktuelle Steuerklasse ist auf jeder Lohn- oder Gehaltsabrechnung ausgewiesen. Alternativ können Sie diese Information auch beim zuständigen Finanzamt erfragen oder in Ihrem ElStAM-Datensatz (Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale) einsehen.
