Wie schnell darf man beim Überholen fahren? Vorschriften und Sicherheitstipps
Jeder kennt die Situation: Man fährt entspannt auf der Landstraße oder Autobahn, und plötzlich zieht ein langsamerer Wagen vor einem her. Man möchte überholen, um den Verkehrsfluss nicht zu stören und zügig ans Ziel zu kommen. Doch was gilt eigentlich für die Geschwindigkeit beim Überholvorgang? Darf man die Höchstgeschwindigkeit überschreiten? Welche Regeln sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu beachten?
In diesem Artikel beleuchten wir das Thema Überholen aus rechtlicher und praktischer Sicht. Wir erklären Ihnen genau, was die Straßenverkehrsordnung (StVO) vorschreibt und geben Ihnen wertvolle Tipps, wie Sie sicher und stressfrei überholen. Denn ein Überholvorgang ist eines der anspruchsvollsten Manöver im Straßenverkehr. Er erfordert Weitsicht und eine genaue Einschätzung der Lage.

Die gesetzlichen Regeln zum Überholen
Die wichtigste Regel zuerst: Die zulässige Höchstgeschwindigkeit darf auch beim Überholen nicht überschritten werden. Das ist ein weit verbreiteter Irrtum, den viele Autofahrer machen. Egal, ob auf der Autobahn oder auf der Landstraße, die vorgegebene Geschwindigkeit ist immer die absolute Obergrenze.
Die „wesentlich höhere Geschwindigkeit“
Die Straßenverkehrsordnung in Deutschland (§ 5 Abs. 2 StVO) schreibt vor, dass Sie nur überholen dürfen, wenn Sie mit wesentlich höherer Geschwindigkeit als der zu Überholende fahren. Dies ist entscheidend, um den Überholvorgang so kurz wie möglich zu halten und eine Gefährdung des Gegenverkehrs oder nachfolgender Fahrzeuge zu vermeiden.
- Was bedeutet „wesentlich höher“? Es gibt keine feste Kilometerangabe, aber in der Rechtsprechung hat sich die Faustregel von mindestens 10 bis 20 km/h Differenzgeschwindigkeit etabliert. Fahren Sie also nur wenige km/h schneller, ist das Überholmanöver unzulässig. Es dauert zu lange und ist gefährlich.
Die Pflicht des Überholten
Nicht nur der Überholende hat Pflichten. Wer überholt wird, darf seine Geschwindigkeit nicht erhöhen. Sobald Sie bemerken, dass ein Fahrzeug zum Überholen ansetzt, müssen Sie Ihre Geschwindigkeit beibehalten oder, falls nötig, sogar leicht drosseln, um den Überholvorgang zu erleichtern. Eine Behinderung des Überholenden kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
Wann ist Überholen verboten?
Ein Überholverbot kann durch Verkehrszeichen ausgeschildert sein. Doch auch ohne Schild gibt es Situationen, in denen ein Überholmanöver grundsätzlich unzulässig ist:
- Unklare Verkehrslage: Wenn Sie die gesamte Überholstrecke nicht überblicken können (z.B. vor Kurven, Kuppen oder bei schlechter Sicht durch Nebel, Regen oder Schnee).
- Gefährdung des Gegenverkehrs: Sie dürfen den Gegenverkehr niemals behindern oder gefährden.
- Fehlende Geschwindigkeit: Wie bereits erwähnt, wenn Sie nicht wesentlich schneller als das zu überholende Fahrzeug sind.
Überholen auf der Autobahn und Landstraße
Die Regeln zum Überholen sind nicht überall gleich. Auf der Autobahn und auf Landstraßen gibt es wichtige Unterschiede, die Sie kennen sollten.
Autobahn
Auf der Autobahn gilt das Rechtsfahrgebot. Das bedeutet, Sie fahren so weit wie möglich rechts und nutzen die linke Spur nur zum Überholen. Auf der Autobahn ist das Überholen in der Regel nur links erlaubt. Rechts überholen ist verboten und kann mit hohen Bußgeldern und Punkten in Flensburg bestraft werden.
Ausnahmen für das Rechtsüberholen:
- Zähfließender Verkehr oder Stau: Wenn der Verkehr auf den linken Spuren steht oder mit maximal 60 km/h fährt, dürfen Sie auf den rechten Spuren vorsichtig rechts überholen. Dabei dürfen Sie nur maximal 20 km/h schneller als die linke Spur fahren.
- Beschleunigungsstreifen: Beim Auffahren auf die Autobahn dürfen Sie Fahrzeuge, die sich bereits auf der linken Spur befinden, rechts überholen, um sich sicher in den fließenden Verkehr einzufädeln.
- Fahrbahn mit mehreren Spuren pro Richtung: Innerorts dürfen Sie auf Fahrbahnen mit mehreren Spuren pro Richtung auch rechts überholen, wenn die Fahrspuren durch Fahrbahnmarkierungen getrennt sind.
Landstraße
Auf Landstraßen ist das Überholen besonders riskant, da man oft mit Gegenverkehr rechnen muss. Hier gilt die Regel, dass der Überholvorgang nur dann gestartet werden darf, wenn der Gegenverkehr nicht behindert wird. Der Überholweg sollte sorgfältig kalkuliert werden, denn ein zu langer Überholvorgang kann lebensgefährlich sein.
- Überholverbot: Auf Landstraßen gibt es oft Überholverbote, die durch Schilder oder eine durchgezogene Linie angezeigt werden. Halten Sie sich unbedingt daran.
- Blinker setzen: Außerhalb geschlossener Ortschaften dürfen Sie Ihren Überholwunsch durch kurzes Betätigen der Lichthupe ankündigen, sofern der Vordermann nicht geblendet wird.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Darf ich beim Überholen kurzzeitig schneller als erlaubt fahren?
Nein, die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist auch während des Überholvorgangs die absolute Obergrenze. Sie dürfen sie in keinem Fall überschreiten.
Wie schnell muss ich mindestens schneller sein, um zu überholen?
Die Straßenverkehrsordnung spricht von einer „wesentlich höheren Geschwindigkeit“. Eine Faustregel ist ein Geschwindigkeitsunterschied von mindestens 10 bis 20 km/h, damit der Überholvorgang zügig und sicher abgeschlossen werden kann.
Was passiert, wenn der zu Überholende beschleunigt?
Der Fahrer des überholten Fahrzeugs darf seine Geschwindigkeit nicht erhöhen. Tut er es doch, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von 30 Euro geahndet wird.
Ist es erlaubt, auf dem Beschleunigungsstreifen zu überholen?
Ja, auf dem Beschleunigungsstreifen einer Autobahn dürfen Sie rechts an Fahrzeugen vorbeifahren, die sich bereits auf der Autobahn befinden, um sich in eine geeignete Lücke einzufädeln.
Darf ich LKWs in einer Baustelle überholen?
Oftmals gibt es in Baustellen ein spezielles Überholverbot für LKWs. Dieses wird durch Verkehrszeichen angezeigt. Halten Sie sich unbedingt an diese Regelungen, da Baustellenbereiche besonders eng und unübersichtlich sind.

Fazit: Sicherheit geht vor
Der Überholvorgang ist eine der gefährlichsten Situationen im Straßenverkehr. Es ist wichtig, die Regeln zu kennen und vor allem zu beherzigen. Denken Sie immer daran: Ein schnelles, aber riskantes Überholmanöver ist es nicht wert, sich oder andere in Gefahr zu bringen. Planen Sie vorausschauend, schätzen Sie die Lage richtig ein und verzichten Sie im Zweifel lieber auf das Überholen. Bleiben Sie ruhig und gelassen, denn ein paar Minuten Zeitersparnis wiegen die Sicherheit niemals auf.
Fahren Sie sicher und bleiben Sie gesund!
Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Rechtsberatung. Bei Fragen oder Unsicherheiten im Straßenverkehr konsultieren Sie bitte eine offizielle Stelle wie den ADAC, das Kraftfahrt-Bundesamt oder einen Fachanwalt für Verkehrsrecht. Die Angaben im Artikel beziehen sich auf die aktuelle Rechtslage in Deutschland. Kleinere Abweichungen in Österreich und der Schweiz können vorkommen.